Tötungskommando

Früher schrieb mal der Sieger Geschichte. Aus diesen archaischen Zeiten sind wir zum Glück raus. Der moderne Staat hat schon während des Konflikts die Wahrheit auf seiner Seite. Mit dem leuchtenden Schwert der Demokratie springt er für Moral und die bessere Weltordnung gegen jeden Regierungschef – oder sagen wir „böser Diktator“ – und gegen jeden Freiheitskämpfer – oder sagen wir „Terrorist“ – in die Presche.

Das wissen, sich auf der Hochebene der Moral zu befinden, ist wunderbar. Nach einer Anfrage der Linksfraktion an die Bundesregierung von letzter Woche, gibt es keine stichhaltigen Beweise dafür, dass Gaddafis Luftwaffe, zu dem Zeitpunkt, wo sie noch existierte, zivile Ziele angegriffen hat.
Gaddafi selbst hat mehrfach Gespräche, Verhandlungen, freiheitliche Zugeständnisse und freie Wahlen angeboten. Das aber scheint den Alliierten Streitkräften nicht genug. So ist am Wochenende die Privatresidenz Gaddafis mit einem Marschflugkörper beschossen werden. Das Nordatlantische Angriffsbündnis ist der Meinung, nur militärische Ziele beschossen zu haben. Wenn unsere Aufklärung so schlecht ist, glaube ich denen kein Wort, dass Gaddafi auch nur mit einem einzigen Panzer gegen unbewaffnete Zivilisten vorgegangen ist.
Bei diesem jüngsten Angriff kam ein junger Mann ums Leben. Ein junger Mann, der in Deutschland studierte und sich mit drei Neffen auf dem Grundstück seines Vaters aufhielt. Ein junger Mann, der sich nie wirklich mit Politik beschäftigt hatte.
Dieser junge Mann musste sterben, weil sein Vater bei einigen wenigen Menschen so unbeliebt ist, dass diese wenige Menschen den Zorn eines ganzen Kulturkreises auf ihn richten wollen und dies auch tun. Nun, warum ist das so? Gaddafi ist ein großer Dorn im Auge der Amerikanischen Hegemonie. Gaddafi hat, im Gegensatz zu den ganzen Nachbardiktatoren (und im Vergleich zu denen, gehört Gaddafi ja noch zu den Moderaten), sein Geld nicht in der Schweiz angelegt. Gaddafi hat sein Geld als Gold im eigenen Land. Das bedeutet, es kann nicht eingefroren werden.
Das ist ein ähnliches Problem, was Ahmadinejad im Iran hat. Er führt die Fraktion derer Staaten an, die ihren Außenhandel nicht mehr in Dollar abwickeln sondern in der Währung des Partnerlandes.
Beides gefährdet die Stabilität des Dollars, einer Währung, die eh nur noch auf sehr wackligen Füßen steht. Die US-Notenbank hat in den letzten fünf Jahren mehr Dollar gedruckt, als in der gesamten Geschichte des Amerikanischen Staates bis zu diesem Zeitpunkt zusammen. Diese Währung, die keinen realen Gegenwert mehr hat, wird nur noch durch eine Armee durchgesetzt, die im Zweifel in jedem Land einmarschiert, welches die Vormachtstellung des Dollars und der Weltbank in Frage stellt.
Und dafür mussten Gaddafi Jr. und drei Kinder sterben.
Die International Energy Agency hat die Tage festgestellt, dass „Peak Oil“ erreicht ist. Das Maximum des weltweiten Ölraubbaus.
Und dafür mussten Gaddafi Jr. und drei Kinder sterben.
Gaddafi hat Sarkozy finanziell beim Wahlkampf unterstützt und jetzt wo es ans Zurückzahlen geht, ist er federführend. Und zwar Bombe um Bombe.
Und dafür mussten Gaddafi Jr. und drei Kinder sterben.

Unsere nicht-Beteiligung am aktiven Kampfeinsatz hat, laut Frau Dr. Merkel, nichts damit zu tun, dass wir die Stellung Frankreichs nicht teilen. Was der Grund für unsere Enthaltung ist, hat sie wiederum nicht gesagt. Ist auch doof, dass wir jetzt nicht dort sind. Da schießen die Rebellen in Libyen mit Amerikanischen und nicht mit Deutschen Waffen. Und wenn Gaddafi tot ist, fahren die sicher auch mit Amerikanischen Panzern und nicht mit den Deutschen Modellen.
Und wo wir gerade beim Bewaffnen sind. Hat mal einer gecheckt, wie die Rebellen zu ihren vermeintlichen Unterstützern stehen? Ich meine, der CIA hat damals Al-Kaida bewaffnet und die haben die USA für den großen Satan gehalten. Wie ist das mit den Libyschen Rebellen? Die USA: großer Satan oder nur normaler?

Die Kommandoeinheit, die Osama umgebracht haben soll, hatte keinen Auftrag ihn lebendig zu fassen und ihn vor ein Gericht zu stellen. Das wäre auch zu kompliziert gewesen, denn ohne stichhaltige Beweise kann der Mann in keinem rechtsstaatlichen Verfahren schuldig gesprochen werden. Und so werden dort Menschen mit einem Tötungsauftrag abgesetzt, um Rache zu nehmen und einen blutigen Vergeltungsschlag zu verüben – und den Mann danach zeremoniebefreit im Meer zu bestatten (also zu versenken).

Schön, wenn man sich so sicher sein kann, Moral und Anstand auf seiner Seite zu haben.

Ich bin unglaublich sauer. Ich bin sauer, dass die USA mit geächteten Streubomben zivile Ziele beschießen und sich dann bei der Libyschen Regierung empören, wenn die örtliche Polizei es nicht schafft, die Amerikanische Botschaft in Tripolis vor Demonstranten zu schützen. Ich bin unglaublich sauer, dass die USA sich mit Marschflugkörpern gezielt an der Ermordung der Präsidentenfamilie versucht – was übrigens laut sämtlicher Konventionen verboten ist. Ich bin unglaublich sauer, dass Obama die Ermordung eines Menschen ohne rechtsstaatliches Verfahren anordnet. Ich bin unglaublich sauer, wenn Unternehmen aus reiner Geldgier Umweltkatastrophen für die sie verantwortlich zeichnen, vertuschen. Ich bin unglaublich sauer, dass die USA in drei Ländern aktive Kriegseinsätze führen, ohne einer dieser Nationen den Krieg erklärt zu haben. Ich bin unglaublich sauer, dass die USA immer noch mit Uranmunition schießen und damit täglich hunderten weiteren Kindern eine gesunde Zukunft verwehrt.

Seit das Osmanische Reich vor Wien stand, hat kein muslimisches Land mehr einen Angriffskrieg gegen ein christliches geführt. Andersherum scheint dies kein Problem zu sein. Wer ist hier derjenige, der Religion und Gewalt nicht trennen kann? Welche Religion ist denn die gewaltvollere?

Ich denke wir haben die Wahrheit auf unserer Seite?! Warum müssen wir sie dann mit Waffengewalt durchsetzen und verbreiten? Sollte die Überlegenheit unserer Idee, unser nobles Verhalten, genug sein, die Herzen derer zu gewinnen, die wir so gern beschießen?
Haben wir womöglich gar nicht das Anrecht auf die absolute Wahrheit? Sind wir vielleicht doch nicht so rein im Gewissen, so nobel in unserem Verhalten? Wir ziehen aktiv den Zorn der gesamten Welt auf uns, in dem wir andere dazu zwingen, so zu leben uns so zu denken, wie wir. Das was wir „Terrorismus“ nennen, ist für andere der Kampf um die Freiheit und die Selbstbestimmung. Solange wir nicht aufhören, diese Freiheit unseren Nachbarn und unseren Freunden und Feinden im eigenen oder fremden Kulturkreis wegnehmen zu wollen, wird man uns auf der Welt hassen und wir sind das Ziel eines jeden freiheitliebenden Menschen.
Wir sind schlecht und das was wir Moral nennen ist nur ein schlechter Witz und ein Schatten von dem, was wir leisten könnten, wenn wir nicht gezwungen würden, einen neo-faschistischen neuen Imperialismus zu schaffen.
Ich bin unglaublich sauer.

„I mourn the loss of thousands of precious lives, but I will not rejoice in the death of one, not even an enemy.“ – Martin Luther King, Jr

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